Quelle: https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/fachbeitraege/videoueberwachung-und-datenschutz/

Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz stellt naturgemäß einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten als Betroffene dar. Dennoch möchten immer mehr Unternehmen die Videoüberwachung zum Schutz des Unternehmens und seiner Sachwerte einsetzen.

Doch gerade bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz gibt es teilweise keine klaren gesetzlichen Vorgaben. Für Unternehmen besteht daher oft Unklarheit, was erlaubt ist und wie man das Verfahren ausgestalten muss. Der nachfolgende Beitrag soll eine erste Orientierung bieten und oft gestellte Fragen beantworten.

Warum ist Videoüberwachung problematisch?

Der Einzelne hat das grundgesetzlich geschützte Recht, selbst über das eigene Bild und dessen Verwendung zu bestimmen. Durch Videoüberwachung im Unternehmen – auch solche zu Zwecken des Diebstahlschutzes – besteht immer die latente Gefahr, dass Beschäftigte (dauerhaft) überwacht werden. Auch haben die Aufgenommenen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten) oft keine Kenntnis von den Aufnahmen und können nicht kontrollieren, was mit ihren Bildern geschieht.

Demgegenüber hat ein Unternehmen ein nicht außer Acht zu lassendes Interesse, seinen Betrieb und sein Eigentum zu schützen.

Auf welcher Grundlage ist Videoüberwachung zulässig?

Grundrechte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern

Die Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Ein solcher Eingriff bedarf immer einer legitimierenden Rechtsnorm. Die widerstreitenden Grundrechtspositionen müssen anhand einer Abwägung miteinander in Einklang gebracht werden. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten aus Art. 2 I GG i.V.m. Art 1 I GG stehen im Rahmen der Videoüberwachung das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG und die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers aus Art. 12 GG gegenüber.

Bundesdatenschutzgesetz

Auf einfachgesetzlicher Ebene regeln § 6b BDSG und §§ 32 bzw. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BDSG die Videoüberwachung. Unterschieden wird zwischen der Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen (z.B. Bahnhöfe, Kaufhäuser) und im nicht öffentlich zugänglichen Bereich (z.B. Werksgelände, Lager oder Personalräume).

Bei öffentlich zugänglichen Flächen und Arbeitsplätzen ist die Überwachung im Sinne des § 6b BDSG nur erlaubt, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Es muss demnach eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen mit denen der verantwortlichen Stelle vorgenommen werden.

Wann ist die Videoüberwachung erforderlich?

Es gilt das Prinzip der Erforderlichkeit. Das bedeutet: Immer dann, wenn der Zweck der Überwachung auf gleiche Weise durch ein milderes, aber gleichermaßen effektives Mittel erreicht werden kann, ist dieses Mittel auszuschöpfen. Kann z.B. ein Diebstahl einfach dadurch verhindert werden, dass ein neues Schloss eingebaut wird, besteht kein Erfordernis, zur Abschreckung flächendeckend Mitarbeiter mittels Videokameras zu überwachen.

Wichtig ist jedoch, dass der Zweck – und zwar für jede eingesetzte Videokamera – vorab festgelegt und dokumentiert wird („wozu dient die Maßnahme“), um dies bei einer Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragen bzw. der Aufsichtsbehörden nachvollziehbar zu machen.

Darf Videoüberwachung in Sozialräumen stattfinden?

Eine Videoüberwachung in Bereichen, die überwiegend der privaten Lebensgestaltung der Beschäftigten dienen, ist dagegen grundsätzlich unzulässig. Dies gilt insbesondere für WC, Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume. Beschäftigte sollten in diesen Räumen vor jeglicher Überwachung durch den Arbeitgeber geschützt sein; der Schutz der Intimsphäre wird in aller Regel hier überwiegen.

Ist auf die Videoüberwachung hinzuwiesen?

Ist eine Videoüberwachungsanlage im Einsatz, müssen die Betroffenen auf diese hingewiesen werden. Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind gegenüber den Betroffenen durch geeignete Maßnahmen kenntlich zu machen. Dies kann z.B. durch ein gut wahrnehmbares und möglichst im Zutrittsbereich der überwachten Fläche angebrachtes Schild erfolgen.

Ist eine verdeckte Videoüberwachung zulässig?

Im Gegensatz zur offenen Videoüberwachung, welche bewusst auch zur Abschreckung eingesetzt wird, erfolgt die verdeckte, also heimliche Videoüberwachung meist kurzfristig und anlassbezogen, etwa bei aktuellem Diebstahlverdacht, um den Täter auf frischer Tat zu ertappen. Hier würde ein Hinweis auf die Überwachung den Täter abschrecken und die Aufklärung der Straftat erschweren.

Eine verdeckte Videoüberwachung ist ausschließlich in nicht öffentlich zugänglichen Räumen zulässig.

Verdeckte Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21.6.2012, Az.: 2 AZR 153/11 klargestellt, dass in Ausnahmefällen auch eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz zulässig sein kann.

Hohe Anforderungen an die verdeckte Videoüberwachung

Generell sind die Anforderungen an eine verdeckte Videoüberwachung allerding sehr hoch: Es muss ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen; weniger einschneidende Mittel müssen ausgeschöpft sein; die Videoüberwachung darf als einziges Mittel verbleiben und die Videoüberwachung darf insgesamt nicht unverhältnismäßig sein.

Wie ist die Videoüberwachung konkret auszugestalten?

Auch wenn ein berechtigter Grund für eine Videoüberwachung besteht, bedeutet dies nicht zugleich, dass die Videoüberwachung uneingeschränkt möglich ist. Vielmehr gilt im Datenschutz stets das Prinzip der Datensparsamkeit. Ziel ist, unnötige Datenerhebung zu vermeiden. Nicht nur das Ob, sondern auch das Wie, also die genaue Ausgestaltung, sind maßgeblich.

Für die Beurteilung, ob eine Videoüberwachung im konkreten Fall zulässig ist, sind insbesondere die Dauer der Videoüberwachung, der erfassbare Bereich, die Erkennbarkeit von Betroffenen (Stichwort Verpixelung, wenn nicht die Identität der Person im Vordergrund steht) und die Frage, ob eine Aufzeichnung oder ein bloßes Monitoring erfolgt, von Bedeutung.

Zu beachten ist, dass Tonaufnahmen bei jeder Form der Videoüberwachung unzulässig sind. Anders als bei Bildaufnahmen ist es gemäß § 201 StGB unter Androhung von Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren verboten, das nichtöffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen oder abzuhören. Sofern also eine Videoüberwachungskamera über eine Audiofunktion verfügt, ist diese irreversibel zu deaktivieren.

Was ist beim Einsatz von Kamera-Attrappen zu beachten?

Auch wenn bloße Kamera-Attrappen eingesetzt werden, sind Rechte von Beschäftigten betroffen. Denn es ist nicht erkennbar, ob tatsächlich Videoaufzeichnungen stattfinden oder nicht. Dies hat u.a. nach Auffassung des Landgerichts Bonn zur Folge, dass auch eine Attrappe bei Betroffenen der Eindruck erweckt, sie müssten ständig mit einer überwachenden Aufzeichnung rechnen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann ein empfundener „Überwachungsdruck“ Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der Betroffenen begründen, selbst wenn keine Aufzeichnung erfolgt oder die Kamera gar nicht erst eingeschaltet ist.

Wie lange dürfen Videodaten gespeichert werden?

Gemäß § 6b Abs. 5 BDSG sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
Eine starre Frist hinsichtlich der Aufbewahrungsdauer existiert demnach nicht.

Nach Auffassung der Aufsichtsbehörden dürfen die Daten aus der Videoüberwachung maximal 72 Stunden gespeichert werden. Diese Dauer ist jedoch nicht in jedem Fall praktikabel. So hat auch das OVG Lüneburg entschieden, dass eine Speicherdauer von 10 Tagen zulässig sein kann. Für die Speicherdauer allein maßgeblich ist der Zweck: Fällt der konkrete Zweck der Erhebung weg, sind die Daten unverzüglich zu löschen.

Ist der Betriebsrat zu beteiligen?

Beim Einsatz von Videokameras ist der Betriebsrat zu beteiligen. Denn nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG steht dem Betriebsrat bei Maßnahmen, mit denen der Arbeitgeber die Leistung oder das Verhalten von Arbeitnehmern prüfen oder überwachen könnte, ein Mitbestimmungsrecht zu. Im Rahmen der Ausübung des Mitbestimmungsrechts haben Arbeitgeber sowie Betriebsrat das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zu beachten (§ 75 Abs. 2 BetrVG).

Welche Rechte bestehen bei einer unzulässigen Videoüberwachung?

Bei gravierenden Verstößen (z.B. dauerhafter heimlicher Videoüberwachung ohne nachvollziehbaren Zweck; unbefugte Weiternutzung der Daten) drohen der verantwortlichen Stelle empfindliche Bußgelder.

Daneben stehen den Betroffenen auch wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte ggf. Ansprüche auf Entschädigung zu. So hatte das Hessisches Landesarbeitsgericht einen Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von 7.000 € verurteilt, weil er eine Mitarbeiterin dauerhaft an ihrem Arbeitsplatz mit einer Videokamera überwachte hatte. Zudem besteht in Extremfällen ein Leistungsverweigerungsrecht der Mitarbeiter, die dann nicht arbeiten müssen, aber dennoch ihren Lohn beanspruchen können.

Welche Aufgabe hat der Datenschutzbeauftragte bei der Videoüberwachung?

Bestenfalls bereits vor Einführung der Videoüberwachung mit Aufzeichnung sollte eine Vorabkontrolle im Sinne des § 4d Abs. 5 BDSG durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten durchgeführt werden. Dies ist erforderlich, soweit durch die Videoüberwachung besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen aufweist. Dies wird jedenfalls dann angenommen, wenn Überwachungskameras in größerer Zahl und zentral kontrolliert eingesetzt werden (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/057/1405793.pdf).

Was ist bei der Beauftragung von Dienstleistern zu beachten?

Werden Dienstleister wie z.B. Sicherheitsfirmen beauftragt und haben diese Zugriff auf die Videodaten, sind die Vorgaben des § 11 BDSG zu beachten, wenn sich die Beauftragung als Auftragsdatenverarbeitung darstellt. Der Dienstleister ist sorgfältig auszuwählen und schriftlich zu verpflichten. Zudem sollte der Dienstleister möglichst keine Kopien der Daten anfertigen dürfen bzw. die Datenträger müssen verschlüsselt werden, um eine unbefugte Kenntnisnahme zu verhindern.

Gleiches gilt für internetbasierte Videoanlagen, bei denen die Daten nicht lokal im Unternehmen, sondern auf Servern eines oder mehrerer Dienstleister gespeichert werden. Hier sind vom Dienstleister gem. § 9 BDSG in Verbindung mit Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Videodaten zu treffen und deren Einhaltung von der verantwortlichen Stelle regelmäßig zu kontrollieren. Insbesondere sind technische und organisatorische Maßnahmen zum sicheren Transport (Transportverschlüsselung) und zur sicheren Speicherung (Inhaltsverschlüsselung) der Daten auf den externen Servern zu treffen. Zudem ist der Zugriff auf die Videoüberwachungsanlage und die Daten technisch auf einzelne berechtigte Personen zu begrenzen.

Gibt es beim Thema Videoüberwachung Orientierungshilfen?

Mit Beschluss vom 26.02.2014 hat der Düsseldorfer Kreis eine Orientierungshilfe zum Thema Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht. Am Ende der Orientierungshilfe findet sich eine Checkliste für Betreiber einer Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume.

Was tun bei der Vermutung einer unzulässigen Videoüberwachung am Arbeitsplatz?

Wenn Sie als Arbeitnehmer die Vermutung haben, einer unzulässigen Videoüberwachung ausgesetzt zu sein, sollten Sie grundsätzlich wie folgt vorgehen:

  1. Kontaktaufnahme mit dem Datenschutzbeauftragten des Betriebs
    Fehlt es an einem Datenschutzbeauftragten, können Sie sich auch an den Betriebsrat wenden.
  2. Kontaktaufnahme mit Betriebsrat
    Sollte es in Ihrem Betrieb weder einen Datenschutzbeauftragten noch einen Betriebsrat geben, besteht je nach Umständen des Einzelfalls, gegebenenfalls auch die Möglichkeit, das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu suchen.
  3. Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Aufsichtsbehörde
    Sie haben als betroffene Person zudem die Möglichkeit, sich an diejenige Aufsichtsbehörde zu wenden, die für ihr Bundesland zuständig ist.

Hier eine Übersicht zu den Landesdatenschutzbeauftragten/ Aufsichtsbehörden:

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